Biodiesel im W124
Ich möchte hier etwas zum Thema Biodiesel (Rapsdiesel, RME) zum Besten geben. Ich berichte
aus eigener Erfahrung, die ich bei den Umbaumaßnahmen meines PKW (MB 250D W124 Bj.6/86
66kw) gemacht habe. Ich habe bis heute etwa 350.000km mit RME, Pflanzenöl und deren Mischungen zurückgelegt. Für Schäden, die
evtl doch an anderen Fahrzeugen aufteten übernehme ich keine Verantwortung. Da aber die älteren Dieselmotoren von 1965-1989 alle nach dem
gleichen Prinzip funktionieren, ist anzunehemen, daß das nicht nur mit meinem 250D funktioniert.
Ich habe mich im Vorfeld im Internet und bei einem Biodieselhändler erkundigt, was es denn so zu
beachten gibt, bei DC konnte mir keiner Antwort geben, also habe ich nach Gutdünken einfach mal
gebastelt.
RME (=RapsMethylEster) ist chemisch verändertes kaltgepreßtes Pflanzenoel (Rapsoel, nicht zu verwechseln mit Pflanzenoel als Kraftstoff!).
Das Glyceringerüst des Pflanzenoels wird herausgelöst und die Pflanzenoelseitenketten werden an Methanol gebunden. Durch diese Veränderungen wird das
Rapsoel dünnflüssiger, etwa so wie Mineraldiesel und bringt aber eine Schwierigkeit mit sich:
Es hat
eine unglaubliche Reinigungswirkung im gesamten Kraftstoffsystem. Zudem quellen herkömmliche
Kraftstoffschläuche und Gummidichtungen unter Kontakt mit RME auf und können undicht werden.
Schläuche können derart aufquellen, daß das Lumen zuquillt und der Kraftstoffdurchsatz erheblich
eingeschränkt ist. Man schaut also zuerst, welche Schläuche an dem umzurüstenden Fahrzeugen
vorhanden sind und rechnet sich aus wieviel man von welchem braucht. Die Dieselmodelle W115
und W123 haben teilweise am Tank einen Reduzierschlauch, der aus verschiedenen Schläuchen und
Rohrstücken selbst herzustellen ist und einen Bauchschlauch am Kraftstoffilter, der die
Pumpenstöße durch seine erhöhte Dehnbarkeit auffangen soll. Hier kann man die doppelte
Schlauchlänge verlegen, um einen ähnlichen Effekt zu erzielen. Die passenden Schläuche findet
man entweder beim VAG-Händler, da diese viele RME-freigegebene Fahrzeuge haben oder in speziellen Schlauchgeschäften. Die Angestellten könnem
einem meist weiterhelfen. Wenn man ganz unsicher ist, kann man sich einige cm abschneiden
lassen und legt das Ganze etwa 4 Wochen in RME ein. Wenn der Schlauch nicht nennenswert
quillt, so kann er verwendet werden.
Dann baut man also die kompletten Kraftstoffschläuche um.
Man kann zudem noch die Dichtung an der Tankablassschraube wechseln, da das aber eine eher
große Sauerei ist, warte ich, bis die Schraube undicht ist. Bis jetzt hält es.
Die Erneuerung der Tankdeckeldichtung habe ich mir auch gespart.
Die Rücklaufschläuche an den Düsen nicht vergessen, wehe es schraubt einer statt des
Verschlußstopfens eine Kotflügelschraube in den Schlauch der letzte Düse....
Ich habe noch die O-Ringe am Rohranschluß der Einspritzpumpe gewechselt. Ich weiß nicht, ob
das unbedingt sein muß, habe es aber trotzdem gemacht. Das ist nicht ganz ungefährlich, da die
Pumpenoberseite pico-bello sauber sein muß. Kleinste Schmutzpartikel können dem Einspritzsystem
große Schäden zufügen und zum Totalausfall führen. Man schraubt erstmal einen Rohranschluß (1) ab und mißt den eingesetzten
O-Ring (2) genau aus. Innendurchmesser und Materialstärke sind Maßgeblich. Oder man bestellt sich bei MB den Original-Ring, legt den bei einem
O-Ring Händler auf die Theke und bestellt das gleiche Maß in RME-beständig. Die
Schlauchwarenläden haben meist auch O-Ringe oder können sie besorgen. Vorher sollte man sich
bei DC die speziellen Kupferringe (4) holen, die den Rohranschluß gegen das darin liegende
Druckventil abdichtet. Nach der Montage der neuen O-Ringe müssen auch neue Kupferringe
verwendet werden. Bei peinlichster Sauberkeit also der Druckventilträger mit eingesetztem Druckventil (5), den neuen Kupferdichtring,
und die Druckfeder einsetzen und den Rohranschluß mit einem RME-beständigen O-Ring vorsichtig
mit der Hand eindrehen und mit 3,0mkp anziehen. Dann Rohranschluß lösen und erneut mit 3,0mkp
anziehen, dann Rohranschluß wieder lösen und endgültig mit 3,0mkp (+0,5) anziehen. Dann die
Klammbacken einsetzen und nur mit 0,9mkp anziehen. Bei festerem Anzug kann das
Pumpengehäuse Schaden nehmen. Wenn das Pumpengehäuse erstmal ausgerissen ist, dann ist die Tauschpumpe
fällig. Zudem braucht man (zumindest beim W124) einen
Spezialschlüssel zum richtigen Festziehen der Rohranschlüsse.
An den Einspritzdüsen habe ich den für Mineraldiesel vorgeschriebenen Höchstdruck eingestellt
(120 Bar). Mehr dazu unter "Einspritzsystem" auf der Hauptseite
Dann, wenn man alles zusammengebaut hat und man sich sicher ist, daß alles dicht ist kann man
Biodiesel tanken.
Man sollte zu Beginn immer einen kompletten Satz Ersatzfilter und Werkzeug zum Wechseln
unterwegs dabei haben. Es kann sein, daß sich soviel Schmutz in den Leitungen löst, daß die Filter
u.U. sich sehr schnell zusetzen. Ich habe einfach nach 1000km alle Filter vorsorglich gewechselt.
Die Dichtungen am Patronenfilter scheinen sich von RME nicht beeindrucken zu lassen, auch der
Papiereinsatz des Mann und Hummel-Filters zeigte keine Auflösungserscheinungen.
Es kann sein, daß das Motoröl durch RME-Verdieselung dünner und auch mehr wird. Man sollte anfangs viel öfter den
Oelstand kontrollieren.
Die Fahreigenschaften des Fahrzeuges ändern sich wenig (bis auf den Geruch). Bei mir ist die
Höchstgeschwindigkeit unverändert geblieben, aber ich habe einen Verbrauchsanstieg um 0,5 Liter
errechnet. Man muß sich ausrechnen, ob die Ersparnis nicht durch Mehrverbrauch wettgemacht
wird. Die Kaltstarteigenschaften sind bei -10C nahezu unverändert problemlos. Leichte
Rundlaufschwierigkeiten können auftreten, nach einigen Umdrehungen und erst recht beim
Losfahren ist das allerdings vorbei. Die erste Abgasuntersuchung mit 100% RME habe ich bereits hinter mir, die
Trübungswerte der Messung waren wesentlich besser als mit Mineraldiesel. Das Biodiesel rußt in
Vorkammermotoren um bis zu 50% weniger, man sieht das auch daran, daß der Kofferraumdeckel deutlich weniger
schwarz eingerußt ist.ist. Der Kraftstoff unterliegt auch einer Herstellernorm
und enthält keinen Schwefel und fast keine Partikel. Der ADAC mach t zwar gerne Wind und Stimmung gegen
RME, weil es angeblich alles kaputtmacht und ganze Einspritzanlagen unbrauchbar macht, aber wenn der
Händler einen Saft nach Norm anbietet, der nicht gepanscht st, dann glaube ich das nicht.
Mit schlechtem Kraftstoff bekommt man eben Ärger. Egal ob der Kraftstoff mineralischer oder pflanzlicher Herkunft ist.
Die Mineralölkonzerne kippen gerne in Benzin
und Diesel auch alles erdenkliche dazu, weil die Entsorgung teurer kommt, als es einfach vertanken zu
lassen. Die Schmierfähigkeit des Biodiesel ist sehr gut, sodaß Pumpenschäden aus Schmierungsmangel
nicht zu erwarten sind (sagen die Leute von UFOP)
Es wird verschiedentlich behauptet, man müsse die Schläuche garnicht wechseln. Das kann
stimmen, da die Autohersteller (auch DC) von verschiedenen Zulieferern Schlauchware bekommen.
Es kann sein, daß der Schlauch von Hersteller A ohnehin Biodieselfest ist, aber der Schlauch von
Zulieferer B nicht. Nachträglich kann man aber an einem durchschnittlich 15 Jahre alten Auto das
nicht nachvollziehen und deshalb ist ein Tausch eher anzuraten, zudem die meisten Schläuche nach
15 Jahren oft doch eher verbraucht sind. Eine Verschwendung ist es eher nicht.
Da ich keinen Anstieg des Motorölstandes verzeichnen konnte überziehe ich nach wie vor die
Wechselintervalle um das doppelte.
Viel Spaß beim Frittenbudefahren. Und immer dran denken: Jeder ist für das was er vertankt selbst verantwortlich.
Auch für die Schäden.
Zurück zu www.kerzendorf.de