Förderbeginn prüfen und einstellen
Wie macht sich ein verstellter Förderbeginn bemerkbar?
Ein verstellter Förderbeginn kann verschiedene Störungen verursachen:
z.B.
- verminderte Motorleistung,
- starke Rauchentwicklung,
- Startunwilligkeit,
- Teillastnageln in unteren Drehzahlbereich
Es sei angemerkt, daß sich der Förderbeginn an einem Dieselmotor nicht einfach so verstellt,
da er über die Stellung der Einspritzpumpe zum Motor festgelegt ist.
Die Diagnose "Falscher Förderbeginn" hat also i.d.R. keine Richtigkeit, wenn das Auto plötzlich und unerwartet von jetzt
auf gleich schlecht läuft. Der Förderbeginn kann sich aber im Laufe der Zeit dadurch verstellen, daß sich mit den Kilometern
die Steuerkette längt und der Förderbeginn dadurch vielleicht 1-2 Grad "nachgehen" kann. Aber da muß man schon einige
hunderttausend Kilometer fahren, bis die Steuerkette derart ausgeleiert ist, daß sich das im verstellten Förderbeginn
bemerkbar macht. Der Förderbeginn muß aber in jedem Fall nach dem Austausch der Einspritzpumpe eingestellt werden.
Bevor man an einem funktionierenden Motor durch Schwenken der Einspritzpumpe am Förderbeginn herumstellt, markiert
man sich mit einem Körnerschlag die Ausgangsstellung. Man darf auf keinen Fall die Einspritzpumpe abschrauben!
Die Halteschrauben sind dazu nur etwa eine Umdrehung zu lösen.
Prüfen des Förderbeginns
Allgemein gesagt kann der Förderbeginn (FB) beim Dieselmotor mit dem
Zündzeitpunkt beim Ottomotor gleichgesetzt werden. Der Förderbeginn ist der
Zeitpunkt im Kurbelwellenkreislauf
des Motors, bei der der DK in die Vorkammer eingespritzt wird und sofort
schlagartig verbrennt. Der Beginn wird in Grad vor Erreichen
des Kolbens im ersten Zylinder beim Verdichtungshub bestimmt. Die oberste
Stellung des Kolbens im Zylinder wird als
oberer Totpunkt (OT) bezeichent.
Zum Einstellen nimmt man den Ventildeckel ab und dreht mit einer Nuß an der
Kurbelwelle des Motors. Wenn man
vor dem Motor steht muß man im Uhrzeigersinn drehen, bis die Nocken der
Nockenwelle am ersten Zylinder nach rechts
und links oben stehen. Auf keinen Fall darf man an der Mutter der Nockenwelle drehen, da diese abreißen kann. Die Mutter
am Nockenwellenrad ist nur dafür da, daß das Rad nicht abfällt.
Jetzt steht der erste Zylinder auf OT. An der Riemenscheibe vorne auf der
Kurbelwelle ist eine
Zahlenskala eingeprägt. Hier müsste der Anzeiger auf "0" oder "OT" stehen.
Da der Mercedes-Dieselmotor ein Viertakter ist, steht der
Anzeiger im Motorkreislauf zweimal auf "0", deshalb ist es wichtig, die
Nockenwelle zu beachten.
Während der Einstellarbeiten darf man den Motor ausschließlich vorwärts
drehen, sonst wird es leider nichts. Die Einspritzpumpe muß eingeschaltet sein, d.h. der Glüh-anlaßschalter
muß in Fahrstellung stehen, oder der Stophebel bei pneumatisch geregelter Einspritzpumpe darf nicht niedergedrückt sein.
Hier kann man einfach den Unterdruckschlauch an der Stopdose abziehen. Nachher das Draufstecken nicht vergessen. Wer nicht weiss, wierum
der Motor dreht, der kann durch kurzes Antippen des Anlassers die Drehrichtung ermitteln.
Es gibt zwei einfache Möglichkeiten, den FB zu überprüfen, eine "Bilderbuchmäßige"
und eine "Schraubermäßige", die bei uns aber auch immer zum Erfolg geführt
hat. Es gibt natürlich noch weitere Möglichkeiten, die ich hier aber vernachlässigen will,
weil sie teure Spezialinstrumente erfordern, die sich üblicherweise nicht im Fundus eines Hobbyschraubers befinden.
Zuerst die "Bilderbuchvariante":
Hierzu braucht man ein Tropfrohr (MB-Nr. 636 589 02 23 00), wie es auf
der Abbildung zu sehen ist.
Dies kann man sich selbst aus einer unbenutzen Einspritzleitung selbst
herstellen.
Man sägt sie etwa 10cm lang ab und biegt und feilt sie nach der Abbildung.
Dann braucht man noch einen Hochbehälter mit Absperrhahn, denn die erste Methode
funktioniert
mit der Schwerkraft. Einen Hochbehälter kann man sich aus einer leeren
Infusionsflasche mit Schlauch und Quetschrad aus dem Krankenhaus oder einem alten
Kraftstoffiltergehäuse selbst bauen.
Der Flaschenstopfen muß mit Belüftung für die Flasche sein!
Eine Wäscheklammer tut es als Schlauchverschluß auch. Der Hochbehälter wird
mit einer passenden Verschraubung an den Pumpenvorlauf von Filter aus
kommend an die Einspritzpumpe angeschlossen. Den mit gefiltertem Kraftstoff gefüllten Hochbehälter kann
man irgendwo oberhalb der Einspritzpumpe
aufhängen (Kühlermaske, Motorhaubenverstärkung, etc.). Die Schlauchquetsche
muß auf "zu" stehen. Dann schraubt man die erste Einspritzleitung und den
Rohranschluß des ersten Zylinders ab, entfernt den Dichtbolzen des
Druckventils (Siehe "Einspritzsystem"), schraubt den Rohranschluß wieder an
und daran das selbstgebaute Tropfrohr. Unter dem Tropfrohr sollte eine Dose
o.ä. als Auffangbehälter stehen.
Jetzt kann das Überprüfen beginnen. Man dreht den Motor fast zwei Umdrehungen
durch, bis die Skala an der Kurbelwelle etwa auf 40 vor OT steht. Dann öffnet
man die Schlauchquetsche und es sollte Kraftstoff aus dem Rohr laufen. Dann dreht
man den Motor langsam weiter, bis es gerade eben so aufhört zu tropfen. Für ca 15 Sekunden darf kein weiterer Tropfen fallen.
Dann verdeckt der Pumpenstössel der Einspritzpumpe gerade so die Zulaufbohrung und der Druckhub würde beginnen.
Wenn man
zu weit gedreht hat, darf man keinesfalls zurückdrehen, sondern muß der
Zulauf aus dem Hochbehälter geschlossen und der ganze Motor wieder zwei Kurbelwellenumdrehungen
weitergedreht werden, und das Spiel beginnt von vorne.
Wenn es gerade so aufhört zu tropfen, dann verschließt der Pumpenkolben in
der E-Pumpe die Zulaufbohrung im Vorratsraum der EP und beginnt mit Druck zu
fördern. Da der DK inkompressibel ist, würde zur gleichen Zeit die
Einspritzdüse öffnen und DK in die Vorkammer einspritzen. Das ist der
Förderbeginn, man muß jetzt nur noch die Stellung in Grad vor OT an der
Riemenscheibe vorne ablesen.
Der 200D/8 hat 24° und der 220D/8 hat 26° vor OT. (weitere Werte folgen)
Die "Bastlermethode" ist weniger aufwendig und führt bei genauer Durchführung
auch zum Erfolg:
Einspritzpumpe "Ein". Man schraubt die erste Einspritzleitung am Rohranschluß der Einspritzpumpe ab.
Entgegen der "Bilderbuchvariante" bleibt der Rohranschluß festgeschraubt. Man entfernt den Ventildeckel
und dreht mit einer Nuß an der Kurbelwelle den Motor auf OT im Verdichtungshub (Nockenwelle beachten, siehe oben.),
dann pustet man den Dieselspiegel aus dem Kegel des Rohranschlusses heraus,
bis der Flüssigkeitsspiegel am unteren Rand des Kegels steht, man ihn also gerade noch sieht.
Dann dreht man die Kurbelwelle eineinhalb Umdrehungen und beobachtet dabei den Kraftstoffspiegel
im Rohranschluß. Er sollte sich nicht verändert haben. Nun dreht man langsam bis etwa 40 Grad vor OT
und beobachtet weiter den Flüssigkeitsspiegel, dann dreht man sehr langsam (fast Grad für Grad) weiter und beobachtet den
Flüssigkeitsspiegel ganz genau. Sobald er auch nur ein ganz kleines bißchen beginnt zu steigen, hat man den Förderbeginn der
Einspritzpumpe gefunden. Der Pumpenkolben verdeckt nun die Zulaufbohrung und drückt den DK nach oben heraus.
Diese Methode kann ca. 1 Grad "nachgehen", weil der Kolben der Einspritzpumpe ja bereits etwas über der Zulaufbohrung steht
und bereits pumpt. Für eine überschlagsmäßige Kontrolle wenn der Förderbeginn total verstellt sein sollte, oder ein grob
falscher Förderbeginn als Fehlerdiagnose ausgeschlossen werden kann ist diese Methode einfach und sicher.
Zur Sicherheit wird auch dieser Test zweimal durchgeführt. Natürlich ist auch hier das Rückwärtsdrehen streng verboten!
Sollte der Förderbeginn nun verstellt sein, so kann man ihn durch Schwenken der Einspritzpumpe richtigstellen.
Es gilt folgendes: Ein Schwenken der Einspritzpumpe zum Motor hin ergibt einen früheren Förderbeginn,
ein Schwenken der Einspritzpumpe vom Motor weg, einen späteren.
Vor dem Verstellen markiert man sich mit einem Körnerschlag die Ursprungsstellung.
Zum Schwenken schraubt man alle Einspritzleitungen ab, löst die drei Muttern der Einspritzpumpe etwa ein halbe
Umdrehung und schwenkt die Pumpe in die gewünschte Richtung. Vor dem Prüfen schraubt man eine der Muttern wieder
leicht fest, damit sich beim Motordrehvorgang nichts verstellt. Dann prüft man wie oben beschrieben den Förderbeginn erneut
und stellt so lange ein, bis der gewünschte Wert erreicht ist. Dann schraubt man alle Schrauben fest und prüft ein letztes
mal.
Beim Zusammenbauen dürfen die Einspritzleitungen nicht mit der Mutter auf die Gewinde gezwungen werden.
Man biegt sie vorher einzeln so, daß sie Spannungsfrei in den jeweiligen Konus der Einspritzdüse und des
Rohranschlusses passen. Dann erst dürfen die Überwurfmuttern angezogen werden. Man schraubt alles wieder zusammen
(Unterdruckschlauch an der Einspritzpumpen-Stoppdose und besonders die Ratsche an der Kurbelwelle nicht vergessen!)
und löst die Überwurfmuttern der Einspritzleitungen an den Düsen wieder eine Umdrehung und entlüftet per Handpumpe
(W110/W115/W123) das Einspritzsystem, dann betätigt man den Starter ohne vorzuglühen etwa 20 sekunden lang, bis DK aus
allen Überwurfmuttern herauskommt, dann schraubt man die Überwurfmuttern wieder fest und startet den Motor.
Nach der Warmfahrt kontrolliert man alle Verschraubungen auf Dichtigkeit.
Der Vollständigkeit halber will ich auf weitere Methoden verweisen den Förderbeginn zu Prüfen:
Es gibt noch eine Methode, mit der man während des Motorlaufs den Förderbeginn überprüfen kann und eine Methode,
nennt sich "Hochdruckverfahren". Wie sie im einzelnen funktionieren kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Es gibt für die
Modelle W124 noch eine einfache Methode mit einem magnetischen Positionsgeber. Dabei wird an der Einspritzpumpe ein Deckel
abgeschraubt und ein Meßfühler eingesetzt. Dann dreht man den Motor, und wenn das grüne Lämpchen am Gerät leuchtet schaut man
auf die Gradskala der vorderen Schwungscheibe und kann direkt den Gradwert des Förderbeginns ablesen. Zu beziehen gibt es
das Gerät über Boschdienste oder beim Hersteller (Sauer, Hamburg). Da das Gerät etwa knapp unterhalb 400,-DM kostet lohnt
sich für einen Hobbyschrauber die Anschaffung eher nicht.
(wird fortgesetzt, insbesondere "Neumontage einer Austauschpumpe")
Kerzendorfs Spielpark